Erzgrube - Wiesenhäuser Brunnen - Teufelsbrücke
Um 1998 fand ich im Zuge meiner Erhebungen für das Ortsfamilienbuch Rommelsbach im Rommelsbacher Totenbuch vom 5. Oktober 1762 folgenden Eintrag: „Anno 1762 d.5.8br. hat sich Johann Jacob Müller, ein sonst gottesfürchtiger Mann aus Melancholie und Schwermuth in die sogenannte Ertzgrub gestürzt und ersäüfft, d. 28. ejusd. Ist er auf dem Wasser schwebend gesehen, d. 29. sein Cörper hirher geführet auf gemeinschaftl. Oberamtl. Befehl, durch S.T. H. Mauchart ordinarium Statt- und ammts Physicum seciert und inspiciert, und d. 30. darauf abends in der Stille auf hießigem Kirchhoff in locum Separatum (an besonderem Ort) begraben worden“.
Als ich diesen Eintrag las, dachte ich zunächst an einen Schreibfehler des Pfarrers. Eine Erzgrube in Rommelsbach? – als gebürtigem Rommelsbacher war mir diese Stelle völlig unbekannt! Trotzdem befragte ich einige Rommelsbacher Bürger u.a. auch Martin Neuscheler und Karl Knecht. Niemand konnte mir die „Erzgrube nennen“. Da es aber im Text hieß: „sein Cörper hierher geführet worden“ nahm ich zunächst an, dass die Erzgrube wohl weiter weg ist und sich nicht auf Rommelsbacher Markung befindet.
Herrn Dr. Borth in Rommelsbach, den ich zum Ortsfamilienbuch öfters um Lese-Hilfe gebeten habe, wußte als „Zugezogener“ sofort auf Anhieb, wo sich diese Erzgrube befindet: Bei der Teufelsbrücke in der Nähe des Zusammenflußes des Dietenbaches in den Reichenbach.
Zunächst suchte ich in den Forstlagerkarten von Andreas Kieser 1680-1687 und fand dort sowohl die Erzgrube (als Teich eingezeichnet und beschriftet) als auch in unmittelbarer Nähe den Wiesenhäuser Brunnen (rechteckig eingezeichnet und ebenfalls beschriftet). Es war dann nicht mehr schwer, diese beiden Plätze zu finden. Leider habe ich es damals versäumt, den Teich fotografisch festzuhalten. Als ich im verg. Jahr Fotos von der Erzgrube machen wollte, war sie nicht mehr vorhanden – einfach zugeschüttet von der angrenzenden ehemaligen Kläranlage der Stadt Reutlingen für Orschel-Hagen, heute, soviel mir bekannt ist, deren Feuerwehr-Übungsgelände. Ein Jahrhundertealtes Naturdenkmal wurde einfach zerstört - und das im 21. Jahrhundert!
Woher die Erzgrube ihren Namen bekam, ist unbekannt. Erz wurde wohl kaum dort gefunden. Aber Steine wurden in größeren Mengen gebrochen. Noch in der schlechten Zeit nach dem 1. Weltkrieg wurden im Zuge von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen dort Steine abgebaut und u.a. auch in Sondelfingen für den Straßenbau verwendet. So jedenfalls hat es mir Otto Besch später erzählt.
Der Wiesenhäuser Brunnen, der ebenfalls (als kleines Rechteck) in der Karte verzeichnet und beschriftet ist, wird auch von Oberlehrer Zimmermann in seiner Rommelsbacher Ortschronik in seiner Vorbemerkung Seite 13 beschrieben: „Im Lagerbuch von 1581 wird ein – ¼ Std. östlich von Rommelsbach gelegene Stelle in den jetzigen Reichenbachwiesen „Der Wiesenhäuser Hof“ genannt. Der Brunnen von diesem Hof war 1861 noch vorhanden, und auf einer angrenzenden Allmand sah man noch alte, gegen 30 Fuß breite Ackerbeete (soll am Fußweg nach Reicheneck liegen, wahrscheinlich bei der Quelle)“.
Der Kartenausschnitt von A. Kieser (1680-1687) zeigt neben der Erzgrube und dem „Wiesenhäuserbronn“ auch noch die Teufelsbrücke, gebaut von dem Reutlinger Patriziergeschlecht TEUFEL, die als Ortsherren von Altenburg, Degerschlacht, Sickenhausen und Rommelsbach diese 4 Dörfer 1444 für 2800 rheinische Gulden an das Haus Württemberg verkauften.
Die Karte ist gedreht, oben ist Süden unten Norden, links der Reichenbach und von schräg-rechts mündet der Dietenbach in den Reichenbach. Der nach rechts im Bogen verlaufende breite, schwarze Streifen ist die Straße von Urach-Metzingen-Sickenhausen-Kirchentellinsfurt-Tübingen. Sie führte auf Rommelsbacher Markung vorbei an der Linde geradeaus zum Reisweg entlang des „Alten Waldes“ nach Sickenhausen.
2 Kommentare:
Her Thumm: Hochinteressant. Ein fundierter Beitrag. Habe die Stelle gleich in Google Earth gesucht und gefunden: E 9° 13' 48" N 48° 32' 06".
Man kann von oben den Teichumriß noch erahnen.
H.M.
Feinkorrektur:
E 9° 13' 48" N 48° 32' 0,06".
(0,06 " statt 0,6 ").
H.M.
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